„Was für eine Philosophie man wähle, hängt sonach davon ab, was man für ein Mensch ist: denn ein philosophisches System ist nicht ein todter Hausrath, den man ablegen oder annehmen könnte, wie es uns beliebte, sondern es ist beseelt durch die Seele des Menschen, der es hat.“
(Johann Gottlieb Fichte)[1]

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Nicht erst seit dem Serien-Spektakel ‘Babylon Berlin’ sind die Zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts in aller Munde: Die verwirrende Mischung aus Aufbruch- und Untergangsstimmung, die das Jahrzehnt zwischen Erstem Weltkrieg und Drittem Reich in allen Bereichen des kulturellen Lebens prägt, übt eine eigenartige Faszination auf uns Heutige aus. Während sich die einen durch das abgründige Nebeneinander von Lebenslust und Wirtschaftskrise, von Exzess und Existenzangst, mit wohligem Schauer an gegenwärtige Verhältnisse erinnert und somit bestens unterhalten fühlen, sehen die anderen in den damals wort- und wirkungsmächtig ausgetragenen philosophischen und politischen Konflikten den hermeneutischen Schlüssel zum Verständnis einer ganzen geistesgeschichtlichen Epoche.
Auch Wolfram Eilenberger, Bestseller-Autor und langjähriger Chefredakteur des ‘Philosophie Magazins’, macht sich diese Faszination zunutze, indem er in den Lebenswegen und dem revolutionären Denken der vier „Ausnahmephilosophen“ Walter Benjamin (1892 – 1940), Ernst Cassirer (1874 – 1945), Martin Heidegger (1889 – 1976) und Ludwig Wittgenstein (1889 – 1951) „den Ursprung unserer heutigen Welt“ begründet sieht. Die vielfach dokumentierten biografischen Anekdoten und das umfangreich kommentierte jeweilige philosophische Gesamtwerk seiner vier Protagonisten bieten somit hinreichendes Material für ein so ehrgeiziges wie dankbares Projekt. Mittels einer intensiven Lektüre dieses mitreißend und unterhaltsam geschriebenen Buches möchte ich zeigen, ob es ihm auch gelungen ist, die „erstaunliche geistige Konstellation“ (Rüdiger Safranski) in ihrem Potenzial auszuschöpfen.