Thoughts of a Dirty Old Man. Charles Bukowski und die Philosophie

Charles Bukowskis Skandalauftritt 1978 in der französischen Literatursendung ‘Apostrophes’. © Sophiex Bassouls/Leemage (Quelle: imago-images)

„Die Hauptaufgabe für Philosophen ist, ihre Sprache menschlicher zu machen, zugänglicher; dann bekommen die Gedanken mehr Leuchtkraft und werden noch interessanter. Ich denke, sie kommen langsam dahinter. Einfachheit ist der Schlüssel.“

Tagebuchnotiz vom 9. Dezember 1991[1]

Einleitung

Am 16. August 2020 wäre Charles Bukowski 100 Jahre alt geworden. Mit seinen Romanen, Short Stories, Briefen und Gedichten gehört er bis heute zu den meistgelesenen und umstrittensten US-Schriftstellern überhaupt. Den einen gilt er als genialer Vereinfacher, der in unverstellter Weise die Abgründe des amerikanischen Albtraums auch solchen Lesern näherbringt, die sich sonst niemals freiwillig mit Literatur beschäftigen würden. Für die anderen hingegen ist er der Prototyp eines sexistischen Proleten, dessen drastische und obszöne Schilderungen nur die schmutzigen Fantasien alter, weißer Männer befriedigen. Beide Einschätzungen sind durchaus zutreffend, übersehen jedoch die Tiefendimension in Bukowskis vielschichtigem Werk, in dem hinter der Fassade aus Selbstgerechtigkeit und Menschenverachtung immer auch das Mitgefühl mit den Erniedrigten und die Sehnsucht nach Liebe und Freiheit aufscheinen. Wer sich unbefangen auf (s)eine Welt voller Alkohol, Gewalt, Sex und Wahnsinn einlässt, begegnet einem sensiblen und witzigen Beobachter gescheiterter Existenzen, der sich mit geradezu verbissener Konsequenz an den eigenen Schattenseiten abarbeitet, um zu einer kompromisslosen Stufe der Selbsterkenntnis zu gelangen.

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Der gute Böse. Zur Genealogie der Unmoral in ‘Breaking Bad’ und ‘Better Call Saul’

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Der Anwalt Saul Goodman (Bob Odenkirk) und sein Mandant Walter White (Bryan Cranston) in der 2. Staffel von „Breaking Bad“ © AMC (Quelle: http://waitwhathappened.com/better-call-saul-tv-show-review/)

„I did it for me. I liked it. I was good at it. And I was really — I was alive.“
(Walter White)

„I know what stopped me. And you know what? It’s never stopping me again.“
(Jimmy McGill)

Einleitung

Die Fernsehserie ‘Breaking Bad’ über einen Highschool-Lehrer, der zum Drogenbaron aufsteigt, gilt zu Recht als eine der besten Dramaserien überhaupt. Neben einer spannenden Story mit vielen überraschenden Wendungen und vielschichtigen Charakteren verdichtet sie auf originelle Weise eine Reihe von (moral-)philosophischen Fragen, die Dichter und Denker seit Jahrtausenden bewegen: Was bedeuten ‘gut’ und ‘böse’? Wie führt man ein glückliches und gelungenes Leben? Wie verhalten wir uns im Angesicht des (eigenen) Todes? Aus welchen Gründen handeln wir so und nicht anders? Und wie lässt sich dieses Handeln rechtfertigen?

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